Meine Rede zur schädlichen Kündigungsinitiative
Heute stehe ich vor Ihnen als Vertreter des Kantons Basel-Stadt. In Kleinbasel, wo ich wohne, da nehmen Sie das Velo, und in einer halben Stunde haben Sie dreimal die Landesgrenze überquert. Wenn Sie das „Trämli“ nehmen, dann fahren Sie mit dem Achter nach Weil oder mit dem Dreier nach Saint-Louis. Wenn die Leute die Grenze im Siebenminutentakt passieren, heben sie nicht einmal den Kopf von ihrem Bildschirm, denn sie merken nicht, dass sie die Grenze passieren. Die EU ist eine Realität im alltäglichen Leben unseres Kantons. 95 000 Menschen, Grenzgängerinnen und Grenzgänger, passieren täglich die Grenze in Richtung Basel. Wir haben inzwischen einen Warenaustausch zwischen dem Kanton Basel-Stadt und der EU im Wert von 50 Millionen Franken täglich.
Basel ist mit zwei Ländern der EU zusammengewachsen. Die EU-Grenze geht eigentlich mitten durch unsere Stadt, mitten durch unsere Agglomeration. Deshalb vielleicht haben wir gelernt, unsere Nachbarländer als Partner zu verstehen, mit ihnen unsere Region gemeinsam zu entwickeln. Wir betreiben zusammen einen Flugplatz. Wir haben den Oberrheinrat. Viele wissen das vielleicht nicht, aber das ist ein trinationales politisches Gremium, ein Parlament, bestehend aus Exekutiv- und Legislativvertretern aus drei Ländern, die gemeinsam die Entwicklung unserer Region koordinieren.
Diese trinationale Region lebt, sie entwickelt sich. Diese Entwicklung hat von den bilateralen Verträgen profitiert. Ich bin überzeugt, unsere Nachbarn, die Franzosen, die Deutschen, würden das genauso sagen wie die Baslerinnen und Basler. Denn diese stellen fest: Seit wir diese bilateralen Verträge und das Personenfreizügigkeitsabkommen haben, ist die Lebensqualität in unserer Region gestiegen. Die Zahl der Arbeitsplätze ist ebenfalls gestiegen, und zwar um etwa 10 Prozent.
Zurückgegangen ist die Arbeitslosigkeit in unserer Region. Jedes Jahr hat unser Kanton sein Drittstaatenkontingent bereits im Januar aufgebraucht. Stellen Sie sich vor, was es für unsere Region bedeutet, wenn wir mit der EU keine Freizügigkeit mehr haben. Die Katastrophe, die Sie, liebe SVP, herbeireden, hat in Basel schlicht und einfach nicht stattgefunden. Wir, die wir täglich mit den Europäern leben – an der Kasse im „Einkaufslädeli“ oder im Universitätsspital, wenn uns die Ärztin aus Deutschland pflegt -, erleben täglich, was Personenfreizügigkeit heisst. Die Katastrophe hat bei uns aber nicht Einzug gehalten, im Gegenteil: Wir haben den Weg gemeinsam mit unseren Nachbarn entwickelt.
Mit der Kündigung des Freizügigkeitsabkommens würde der rechtliche Status der Grenzgängerinnen und Grenzgänger – und ich bedaure, dass das der Bundesrat nicht wirklich thematisierte – infrage gestellt. Auch dieser rechtliche Status ist mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen geregelt. Was passiert mit diesen Menschen? Wird nachher ihre Ausbildung überhaupt noch anerkannt sein? Niemand weiss es. Auch das ist im Personenfreizügigkeitsabkommen geregelt.
Das Kündigen dieses bilateralen Abkommens wäre ein Schlag ins Gesicht unserer Nachbarn, mit denen wir uns politisch täglich auseinandersetzen, und dafür gibt es keinen Grund – es gibt keinen Grund! Es würde die Entwicklung unserer Region massiv bremsen und zurückschlagen. Davon bin ich überzeugt, denn Basel-Stadt hat die Masseneinwanderungs-Initiative mit 61 Prozent abgelehnt.
Deshalb bitte ich Sie als Kleinbasler, als Basel-Städter, als Schweizer, als Europäer und als Weltbürger: Empfehlen Sie diese Initiative zur Ablehnung!
Hier finden Sie den Link zu meinem Votum zur Kündigungsinitiative im Nationalrat.