Die Vorlage trägt einen irreführenden Titel, verfehlt ihr Ziel um 180 Grad und ist vor allem eines: unsozial. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzug von heute 10‘100 Franken auf 25‘500 Franken wurde nämlich von der rechtskonservativen Mehrheit im Parlament missbraucht um ein ganz anderes, viel folgenschweres Anliegen in die Vorlage zu packen.
Angeführt von SVP und CVP hob sie handstreichartig den allgemeinen Kinderabzug von 6500 Franken auf 10‘000 Franken an. Aus dem Drittbetreuungsabzug wurde ein Kinderabzug. Das ist doppelt abwegig. Einerseits wird die angestrebte Wirkung ins Gegenteil verkehrt. Während die Erhöhung des Drittbetreuungskostenabzugs das Ziel hat, mehr Müttern die Rückkehr ins Berufsleben zu ermöglichen, wirkt die Erhöhung des Kinderabzugs wie eine Herdprämie. Andererseits treibt das die Steuerausfälle von bescheidenen 10 auf satte 350 Millionen Franken hoch. 74 Millionen entgingen allein den Kantonen.
Die Kantone lehnen diesen Beschluss denn auch kategorisch ab. Die Ausfälle würden ihren Handlungsspielraum zur Entlastung von Familien mit Kindern einschränken, kritisieren die kantonalen Finanzdirektorinnen. Auch der Bundesrat wehrte sich heftig dagegen. Der konservative Finanzminister und SVP-Bundesrat Ueli Maurer schüttelte im Rat den Kopf und brachte es auf den Punkt «Die Massnahme hat keine Wirkung im Ziel!»
Kinderabzüge sind unsozial, denn sie nützen den falschen. Familien, die knapp dran sind, haben nichts davon, sie bezahlen keine direkte Bundessteuer. 44% der Familien können kein bisschen vom Steuerabzug profitieren. Hingegen landet wegen der Progression über 70% des Bonus von 350 Millionen beim reichsten Fünftel der Familien, die keine finanziellen Probleme haben.
Gerade mal 6% der Haushalte profitieren. Die restlichen 94% der Bevölkerung dürfen dann die Löcher in den Staatskassen ausbaden. Denn Kantone, die zu wenig Geld haben kürzen meist bei Bildung, Ergänzungsleistungen, Prämienverbilligungen oder sie schrauben die Gebühren hoch. Der Mittelstand hat das Nachsehen.
Mit Steuerabzügen lässt man ausgerechnet die Mehrzahl der Alleinerziehenden und die Familien mit tiefen Einkommen im Regen stehen, während die gut Situierten, deren Löhne am meisten gestiegen sind, beschenkt werden. Die Familienpolitik der SP geht anders: über höhere Beteiligung der öffentlichen Hand an der familienergänzenden Kinderbetreuung. Und wennschon via Steuern, dann über Steuergutschriften, die dafür sorgen, dass alle gleichermassen profitieren.
Am 27. September 2019 beschloss die Bundesversammlung dieses sinnlose Steuergeschenk für reiche Familien. Noch am gleichen Tag ergriff die SP Schweiz das Referendum und brachte es Ende Januar erfolgreich zustande. Einmal mehr muss sich die SP für den Mittelstand in die Bresche werfen, weil die rechtskonservative Mehrheit im Parlament den Faden verloren hat. Sie können uns dabei unterstützen. Stimmen Sie am 27. September Nein zur Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG)!
Hier finden Sie den dazugehörigen Tagesschaubeitrag.